Auf 8.000m abgebrochen (… und trotzdem Helden)!!!

Habe soeben die Nachricht von Doris erhalten, dass Pep und Clemens nach drei stuermischen Naechten auf 7.700 m und dem Ueberschreiten der 8000 m Marke ihren Versuch den Mt. Everest zu besteigen abgebrochen haben, und sich auf dem Weg ins Base Camp befinden. Zur Zeit sind sie noch im Advanced Base-Camp (ABC) auf 6,400 m, werden jedoch schon bald weiter absteigen und dann vom BC zurueck nach Kathmandu fahren. Doris weiss nicht genau, wann die beiden wieder zurueck in Graz sind, ich schaetze dass die Reise zurueck – ueber die Grenze nach Nepal und von Kathmandu dann ueber Wien nach Graz – gut einer Woche dauern wird.

Von Doris‘ Schilderungen weiss ich, dass ihre Sherpas zwar die Sauerstoffflaschen auf eine Hoehe von 8.300 m getragen und dort – noch vor dem 2nd Step (der Schluesselstelle) – deponiert haben, sich jedoch weigerten mit auf den Gipfel zu gehen. Weitere Details habe ich nicht, ausser dass die letzten Tage sehr stuermisch und kalt waren, der Innsbrucker Meteorologe trotzdem Gruenes Licht fuer einen weiteren Aufstieg gab, Clemens und Pep sehr erschoepft und abgemagert sind und vom Mt. Everest erstmal die Nase voll haben.

Ich bin froh die beiden richtig eingeschaetzt zu haben: Anstatt auf ihr Glueck zu vertrauen haben sie die vernuenftige und verantwortungsvolle Entscheidung gefaellt, die ihnen nicht leicht gefallen sein kann. Doris – die uebrigens gestern Abend bei uns zu Besuch war (zusammen mit Peps Sohn Robert) – fiel ein zentnerschwerer Stein vom Herzen. Ich bin mir sicher, dass es vielen Freunden und Verwandten der beiden ebenso geht.

Ob das das Ende vom Peps und Clemens Seven-Summits Traeumen ist, muessen sie uns selbst erzaehlen wenn sie wieder zurueck sind.

Ich habe waehrend der letzten Wochen fast taeglich mehrere Blogs von den verschiedensten Everest-Expeditionen gelesen. Das macht mich nicht zum Experten, trotzdem traue ich mich festzustellen, dass das Everest Erlebnis von Clemens und Pep sehr unterschiedlich – und sehr viel haerter war, als jenes der meisten anderen Teams. Nicht viele Leute wagen den Everest ohne Sherpas. Alle Expeditionen von denen ich weiss, lassen sich das Material/Zelte zumindest bis auf eine Hoehe von 7.600 m „liefern“ und die Sauerstoffflaschen bis knapp unter den Gipfel. So gut wie alle Expeditionen haben Sherpa-Begleitung bis ganz hinauf. Als Clemens und Pep schlussendlich beschlossen doch Sherpas anzuheuern, haben sie schon sehr viel Kraft in grosser Hoehe gelassen. Und niemand anders verbrachte drei volle Naechte auf 7.700 m ohne Sauerstoff. Die Expeditionen die ich verfolgte, gingen ein paar mal vom relativ gut ausgestatteten ABC auf diese Hoehe um sich an die extrem duenne Luft (30% des O2 Gehalts auf Meeresspiegel) zu gewoehnen. Dazwischen stieg man oft ins BC ab, wo es eine relativ gute Infrastruktur zu geben scheint, feierte Partys mit anderen Expeditionen und verbrachte seine Zeit mit „Movie Nights“ und UNO-Turnieren. Erst ganz zum Schluss stiegen die anderen Expeditionen vom Camp-2 rauf auf ca 8.000 m (C-3), um in der folgenden Nacht den Gipfel zu versuchen. Ein weiterer – und wahrscheinlich entscheidender – Unterschied sind die finanziellen Aufwendungen. Waehrend Pep und Clemens mit $ 18.000 pro Mann und Nase durchkommen wollten, haben so gut wie alle anderen Expeditionen das Dreifache pro Kopf ausgegeben. Money matters – auch am Everest! Fuer Pep und Clemens waren Akklimatisierungsaufstiege ohne schwerem Gepaeck und Movie-Nights keine Option, oder anders ausgedrueckt: Clemens und Pep haben es sich bei Gott nicht leicht gemacht. Dass sie trotzdem so weit gekommen sind, solange durchhielten – und vor allem dass sie am Ende die richtige Entscheidung trafen – beweist alles, was ich im ersten Eintrag zu diesem Thema ueber meine Freunde geschrieben habe.

Einen Einblick wie schwer die Besteigung des Everests von der Nordseite fuer die anderen – gut ausgestatteten –  Expeditionen war, gibt Arnold Costners Blog-Eintrag von vorgestern: http://www.arnoldcoster.com/blog/everest-tibet-25-5-2011/ in dem sich das einzige deutsche Mitglied (Frank Irnich) zu Wort meldete:

hier spricht der einzige Teilnehmer aus Deutschland in der Summitclimb Gruppe. Nachdem ich mit Sherpa Gelge und Marc erst gegen 11p.m. von Camp III aufgebrochen bin, fiel meine Stirnlampe eine 3/4Std spaeter total aus und ich konnte nur teilweise durch den Mondschein oder durch Gelge’s kurzen LIchtschein seiner Stirnlampe {durch Kopfdrehung} den Weg Richtung Nordostgrad erkennen.
Den First, Second and Third Step musste ich zwischen 1:30 a.m. und 5:30 a.m. fast blind erklettern, da der Mondschein auf der anderen Seite des Nordostgrads scheinte. Auch die einfach erscheinenden
Traversen auf dem Nordostgrad mit einer Trittbreite von ca 10 – 30cm bieten soviel Gefahren in der Nacht, da man trotz Fixseile 1000m -2000m zur einen oder anderen Seite abstuerzen kann. Die Fixeile haben teilweise ueberhaupt keine Spannung / Fuehrung und sind so schlecht verankert, das ein Sturz einer Person mit Gepaeck von ca 80 kg keinen Schutz bietet!!
Es war eine sehr klare, relative leichtwindige Nacht , die jedoch Temperaturen bis – 40 grad C mit sich brachte, da der Wind in den Morgenstunden zusaetzlich auffrischte. Nachdem ich gegen 4.a..m eine neue O2 Flasche oberhalb des Second Step bekommen habe, ging es mit neuem Mut richtung Gipfel. […]

Bergheil aus Germany……Frank Irnich

(gesamtes Post, wo von gestohlenen Steigeisen auf 8.300 m die Rede ist → siehe link oben)

Zum Abschluss noch das letzte Foto von Clemens und Pep, das ich vor 8 Wochen in Kathmandu geschossen habe (… bevor sie zwecks Gewichtsabnahme in die Berge fuhren). Werde demnaechst den Vorher/Nachher Vergleich posten, damit wir uns selbst ueberzeugen koennen, ob es sich ausgezahlt hat! 😉

Zwei "dicke" Freunde

Clemens und Pep vor ihrem Kuraufenthalt im Hochgebirge


10 Kommentare

Eingeordnet unter Everest Adventure

Everest Adventure – Update (4)

Habe von Doris heute die neuersten Nachrichten von Clemens und Pep erfahren:

Nachdem es den Beiden vor ca. einer Woche nicht so gut gegangen ist, sind sie ja ins Base Camp (5200 m) „zur Erholung“ abgestiegen. Wie wir von Arnold Costners exzellentem Blog ( http://www.arnoldcoster.com/blog/ ) erfahren koennen, bewegen sich zur Zeit zahlreiche Expeditionen von der tibetischen Seite Richtung Gipfel. Bei dieser Welle sind Pep und Clemens nicht dabei.

Stattdessen ist es ihnen gelungen im Base-Camp zwei Sherpas anzuheuern. Das sind gute Nachrichten, die ihre Gipfelchancen enorm boosten. Ohne Sherpas muessten Sie alles Gepaeck bis auf ca. 8000 m selbst tragen und ihre Lager nach jedem anstrengenden Tagesmarsch – zum Teil unter widrigsten Bedinungen – selbst aufbauen. Wie wir von Costners Blog wissen, lassen auch alle anderen Expeditionen diese Arbeit von Sherpas durchfuehren. Zumindest in dieser Beziehung haben sie also nachgeruestet. Was die Sauerstoffflaschen betrifft, bleibt alles beim Alten: jeder traegt zwei Stueck mit sich. Wie bereits in einem vorigen Blog-Eintrag geschildert, reicht das fuer ca 16 Stunden Fussmarsch aus, was wiederum bedeutet, dass sie bis ca. 8000 m ohne Sauerstoff auskommen muessen.

Pep und Clemens sind zur Zeit noch im Basislager und planen den Everest erst naechste Woche in Angriff zu nehmen, zu einem Zeitpunkt an dem die anderen Expeditionen schon wieder zurueck sind. Der geplante Gipfeltag ist der 28. Mai – entsprechende Wetterbedingungen vorausgesetzt. Das ist die einzige Gipfel-Chance fuer beide, nicht nur weil sie irgendwann in der ersten Juni-Haelfte wieder in Graz erwartet werden, sondern auch weil man dann schon bald mit Monsun-bedingten Niederschlaegen rechnen muss.

Doris erzaehlte mir noch, dass beide – wie erwartet – stark an Gewicht verloren haben, jedoch wieder guten Mutes sind und sich einigermassen erholt haben. Taeglich lassen sie sich via Satellitentelefon die neuersten Wetterprognosen vom Innsbrucker Meteorologen Karl Gabl ( http://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Gabl ) uebermitteln, der als Experte fuer das Wetter im Himalaya gilt.

—-

Da wir in den naechsten Tagen nur wenige Informationen von Clemens und Pep erwarten duerfen, empfehle ich nochmals ein paar Seiten, die fast taeglich von der Nordseite des Everests berichten: Auf  Summitclimb  gibt es die letzten Updates von Arnold Costners Expedition (siehe auch Arnold Costners Privatblog auf dem er bis vor 3 Tagen noch ueber das Leben im Base-Camp geschrieben hat). Und Alan Arnette – der seine Everestbesteigung in den Dienst der Alzheimer-Forschung stellt – berichtet fast taeglich von der Suedseite des Berges.  Seit gestern stellt Arnold Costner auf Summitclimb.com Lageberichte via Audio-Botschaften ins Netz. Costner (der schon 2-mal am Everest war) meinte, er haette noch nie so viele Leute auf dem Weg zum Gipfel gesehen. Weiters berichtet er, dass nun endlich alle Seile und Leitern fixiert sind. Er und noch einige anderen Expeditionen von der Nordseite stiegen gestern von Camp-2 ins Camp-3 auf und sollten den Gipfel in den wenigen Stunden erreichen.

Zum Abschluss das obligatorische Everest-Foto, aufgenommen kurz vor dem „3rd Step“ – dem letzten Hindernis vor dem Gipfel:

3rd Step to Summit

3 Kommentare

Eingeordnet unter Everest Adventure

Everest Adventure – Update (3)

Habe am Wochenende mit Doris (Peps Frau) telefoniert und folgendes Update erhalten: Clemens und Pep sind wohlauf jedoch erschoepft. Sie haben einige Tage in Hoehen um die 7000 m verbracht. Weiter rauf konnten sie noch nicht. Deshalb haben sie fuer’s Erste beschlossen wieder ins Base-Camp abzusteigen um sich zu regenerieren. Beide erwaegen nun doch die Dienste eines Sherpas in Anspruch zu nehmen… Da in den Base-Camps jedoch keine arbeitslosen Sherpas herumlungern, scheint das zu diesem Zeitpunkt recht schwierig zu sein.

Meine zweite Informationsquelle ist Arnold Costners Blog auf EverestNews.com. Arnold ist der hollaendische Expeditionsleiter einer zusammengewuerfelten achtkoepfigen Gruppe die aus 3 Amerikanern, 2 Englaendern, einem Iren und einem Deutschen besteht. Diese Gruppe versucht den Mt. Everest ebenfalls von der tibetanischen Seite zu besteigen, und ist – meines Wissens – die einzige Expedition die von der Nordseite regelmaessig bloggt.

Von Arnold erfahren wir, dass in diesem Jahr noch niemand den Everest vom Norden her bestiegen hat. Alle  Seile und Leitern muessen erst befestigt werden. Dazu gibt es ein eigenes Sherpa-Team. Es scheint als waren Pep und Clemens bereits in grosse Hoehe aufgestiegen, waehrend die meisten Teams noch im Base-Camp geblieben sind. Arnold berichtet von Movie-Nights und einer Party zu dem das russischen Team vorige Woche geladen hat. Im letzten Update vom Sonntag berichtet Arnold von einem Gespraech mit einer chinesischen Expedition, die ihm bestaetigte, dass das „rope fixing team“ bisher die Seile noch nicht anbringen konnte. Wenn alles gut geht, sollte das heute (17. Mai) passieren. Er berichtet weiters, dass sich so gut wie alle Teams nun im Advanced Base Camp (ABC) auf 6400 m befindet, und  – falls sich morgen oder uebermorgen wirklich eine Gelegenheit ergeben sollte – man wohl mit einem gleichzeigen Ansturm von allen Teams rechnen muss, was zwangslaeufig zu Engstellen und Verzoegerungen fuehren wird.

Wird Clemens und Pep mit dabei sein?

Das haengt wohl in erster Linie davon ab, ob sie nur ins ABC (6400 m) oder gleich ins BC (5200 m) abgestiegen sind. Die vernuenftige Entscheidung aus einer Hoehe von 7000 m zur Regeneration abzusteigen  zeigt, dass sie den Gipfel nicht um jeden Preis bezwingen wollen. Mit etwas Glueck koennen sie sich einem der vielen Teams anschliessen und spaetestens naechste Woche am Gipfel stehen.

Zum Abschluss noch ein Foto von der nordseitigen Schluesselstelle (2nd Step mit „Chinese Ladder“) auf 8580 m. Der Everest vom Norden ist kein Wanderberg!

Everest 2nd Step - Chinese Ladder

Everest 2nd Step (8580 m)

2 Kommentare

Eingeordnet unter Everest Adventure

Everest Adventure – Update (2)

Habe leider keine wirklichen Neuigkeiten von meinen Freunden. Ich scanne taeglich vor allem zwei Websites die haeufig Nachrichten von den aktuellen Expeditionen bringen:

http://www.asian-trekking.com/blog.html

http://www.everestnews.com/

Everestnews berichtete, dass „a lone climber from Asian Trek“ den Gipfel erreicht hat. Ich nehme an, dass es sich hier um jemanden von der Brasilianischen Truppe von Asian-Trekking handelt, die den Gipfel von der nepalesischen Suedseite versuchen zu erreichen. Meine Freunde gehen die Nordroute von Tibet aus.

Die letzte offizielle Meldung ueber die Expedition (die unter der Bezeichnung „Asian Trekking’s International Everest Expedition Spring 2011 „) zu laufen scheint) stammt vom 22. April. Andere Expeditionen (auch von Asian-Trekking) haben offensichtlich bessere Kommunikationsmoeglichkeiten mit der Aussenwelt, die Eco-Expedition bloggt fast taeglich und postet auch aktuelle Bilder zu ihren Berichten. Ein grossartiger Blog ist auch der von der IMG-Everest Expedition die – wie meine Freunde – ebenfalls von Tibet aus startete. Diese Expedition startete ca 10 Tage frueher, hat ihren eigenen Koch und schleppte 2400 kg an Material ins ABC (Advanced Base Camp) in 6400m. Jemand hat sogar einen Projektor mit, und veranstaltet taegliche „Movie Nights“ in dieser Hoehe.

Damit koennen Clemens und Pep natuerlich nicht mithalten. Ich hoffe meine Freunde sind ausreichend ausgestattet.

Werde heute ueber die Tour bloggen. Meine Informationen stammen von oben erwaehnten Blogs und Seiten wie http://www.alanarnette.com.

Everest North Face Map

Nordseite des Everest

(Copyright: http://www.arrandir.se/)

Von der tibetanischen Seite starten die Bergsteiger im Basecamp (BC) auf ca. 5200 m. Richtig ernst wird es jedoch erst ab dem vorgerueckte Base Camp (ABC) das sich auf ca. 6400 m befindet. Der Weg von BC zum ABC ist 22 km lang und die Bergsteiger benoetigen fuer diese Distanz 2 volle Tage, zumindest bevor sie akklimatisiert sind. Spaeter koennen sie dieselbe Distanz in einem Tag schaffen. Zwischen BC und ABC liegt auf  ca. 5800 m ein „interim Base Camp“.

Das  Camp 1 (im EverestNews-Blog C1 genannt, auf der Karte jedoch als Camp 4 angegeben) liegt auf ca. 7000m Seehoehe und der Weg vom ABC wird gewoehnlich in einem 4 – 7  Stunden langen Aufstieg bewaeltigt. Wegen der Steilheit des Hanges (60 Grad) ist man hier in einem Seil eingehaengt.

Camp 2 (C2, auf der Karte Camp V genannt) liegt zwischen 7600 – 7800 m. Hier beginnen was man im Bergsteiger-Jargon „high camps“ nennt. Fixe Infrastruktur gibt es hier keine mehr, die Teams suchen sich den Camp-Platz je nach Wetterbedingungen und anderen Faktoren individuell aus. Der Weg zu C2 dauert ca. 3 – 5 Stunden und ist durchwegs schneebeckt (kein Felsen, bis auf zeitweilige Verwehungen). C2 ist das hoechste Camp, das von den Expeditionen in der Vorbereitungsphase zur Akklimatisierung besucht und von dem dann wieder abgestiegen wird.

Camp 3 (C3, auf der Karte nicht eingezeichnet) liegt auf ca. 8000 m und wird nicht von allen Teams benutzt. Ab hier schlafen die meisten Kletterer mit Sauerstoffflaschen. Von C2 braucht man ca. 3 – 6 Stunden zu C3, und waehrend dieser Zeit ist man sehr starken Winden ausgesetzt.

Camp 4 (C4, oder auf der Karte Camp VI genannt) liegt auf ca. 8200 m. Die Bergsteiger sind beim Aufstieg in ein fixes Seil eingehaengt. Im C4 haelt man sich wirklich nur kurz vor dem Gipfelsturm auf. Manche essen und trinken hier noch eine Kleinigkeit, andere doesen fuer ein paar Stunden. So um 22 Uhr lokaler Ortszeit wird der Gipfel in Angriff genommen.

Nun kommen die technisch schwierigsten Stellen: Step1 , Step2 und Step3. Auf der Karte sind nur die ersten beiden Steps eingezeichnet weil diese die Schluesselstellen sind. Wer von der Nordseite den Everest besteigen will, muss hier wirkich klettern. Step 1 ist eine Felsenformation in der man sich mit aller Kraft an einem fixen Seil hochziehen muss, wobei es zu Steinschlag kommen kann. Step 2 ist die schwierigste Stelle der gesamten Tour:  man klettert zuerst 3 m auf einer Felsplatte hoch, und muss sich dann eine ca. 9.5 m hohe „Chinesische Leiter“ hochhanteln. Der Nervenkitzel dabei: Das ganze findet ueber einem 3000 m tiefen Abgrund statt.

Ich beneide Pep und Clemens nicht!

Step 3 ist ebenfalls eine Felsformation, im Vergleich zu den vorhergehenden Steps jedoch leichter zu bewaeltigen.  (In dieser Hoehe ist natuerlich nichts wirklich leicht). Nach diesem Hindernis geht es einen steilen Schneehang hinauf zum Gipfel.  Da es keinen Schutz mehr vor Wind und Wetter gibt, ist es meistens stuermisch und extrem kalt. Dann gilt es noch drei kleinere Felsstufen zu ueberwinden, bevor man ueber den letzten 150 m langen und 30 – 60 Grad steilen Grad direkt auf den Gipfel kommt. Links und rechts vom Grad geht es tausende Meter bergab. Die Kletterer sind zu diesem Zeitpunkt bereits zwischen 8 – 10 Stunden unterwegs. Wenn alles gut geht, stehen sie dann auf dem Gipfel des hoechsten Berges der Welt, wo sie jedoch nur sehr kurz verweilen. Fotos werden geschossen, doch ist es meines Wissens eher unueblich sich – trotz des grossen Erfolges – gegenseitig mit Champagner zu bespritzen.   Die naechsten 4 Stunden braucht man dann um wieder ins C3 (8000 m) abzusteigen. Viele Bersteiger – wenn sie noch die Kraft haben – steigen direkt nach C2 ab.

In der mehrwoechigen Vorbereitungsphase  bewegen sich die Bergsteiger zwischen dem ABC und C2 hin und her um sich langsam an die Luftbedingungen in grosser Hoehe zu gewoehnen. Die Blogs berichten von Vorfaellen wo Leute wegen Erkaeltungen oder „kalter Haende“ sofort wieder nach unten ins Base-Camp geschickt wurden, um ja kein gesundheitliches Risiko einzugehen.

Die aktuellen Temperaturen liegen oft weit unter -20 Grad Celcius und das Wetter scheint sich sehr rasch zu aendern. (Zitat IMG-Blog von vorgestern: „One minute it is nice, and then we are all diving in a tent because of snow storms. „)

IMG berichtet waehrend der letzten Tage ueber sehr gute Gipfelbedingungen. „The door to the summit is open now! The weather is changing for the better. Today was the first day with no snow after a long time and a perfect view of the mountain from Base Camp.“  Koennen Pep und Clemens diese Gelegenheit nutzen?

Und als ob wir eine Erinnerung braeuchten, dass dieses Abenteuer sehr gefaehrlich ist, hat EverstNews vor 5 Tagen den Tod des amerikanischen 7-Summit-Aspiranten Rick Hitch gemeldet. Der 55-jaehrige Rick – ein Sport-Coach aus Roseville, Kalifornien – hatte bereits 6 von 7 Gipfeln in der Tasche, und sich zusammen mit seiner Frau auf seinen letzten Berg – den Everest – vorbereitet bevor er alleine den Gipfel in Angriff nahm.

Der Mangel von Neuigkeiten ueber die Expedition meiner Freunde zehrt etwas an meinen Nerven. Werde naechste Woche wieder bei Doris (Pep’s Frau) anrufen, und checken ob sich Pep in der Zwischenzeit nochmals via Satellitentelefon gemeldet hat.

2 Kommentare

Eingeordnet unter Everest Adventure

Everest Adventure – Update (1)

Habe heute nachmittag mit Pep’s Frau telefoniert. Pep hat sich aus einem Basislager gemeldet und alles laeuft – trotz grosser Kaelte – recht gut. Eine Ueberraschung erlebte ich als ich nach meinem eigenen Blog-Eintrag googlete um zu sehen ob Google meinen Eintrag in weniger als 24 Stunden geindext hat. „josef uitz everest“ produzierte meinen Blog an 7. oder 8. Stelle und an erster Stelle fand ich eine Seite von www.asian-trekking.com mit folgendem Bild

Clemens 2. und Pep 8. von rechts

und diesem Text:

As per the radio communication, expedition team members moved to Advance Base Camp at an altitude of 6400m on 22nd April.

Asian Trekking’s International Everest Expedition Spring 2011 left from Kathmandu to Chinese Border on Tuesday the 12thApril heading towards the North Side of Mt. Everest. The 10 Member Expedition Team is led by Josef Uitz of Austria.

Keine Ahnung wie Pep in den letzten 4 Wochen der Expeditionsleiter eines 10-koepfigen Teams wurde. Dass Asian-Trekking alles Logistische erledigte war mir bewusst, doch als ich mit den beiden vor 4 Wochen sprach, planten Sie noch solo zu gehen. Der Mann macht offensichtlich Karriere am Berg, und wenn das so weitergeht wird wohl demnaechst eine Bergflanke nach ihm benannt. Das Foto ist nicht ganz deutlich, zumindest ich kann nicht erkennen ob sich Pep in der Zwischenzeit einen Bart a’la Steven Seagal (in „Hard to Kill“) wachsen lies, oder ob es sich hier um einen Fall von unvorteilhafter Schattenbildung oder einem ungewoehnlich grossen Pixel-Fehler handelt. Die langen Schale die sie alle tragen, sind bei der Kaelte dort oben sicher vorteilhaft.

Das sind jedenfalls alles gute Nachrichten. In der Gruppe haben sie groessere Chancen und der Betreiber von Asian-Trekking (und Blogger auf der Webseite) Ang Tshering Sherpa scheint ja voll der Experte zu sein.  Hoffe von ihm weitere Updates waehrend der naechsten Wochen zu bekommen.

Hinterlasse einen Kommentar

Eingeordnet unter Everest Adventure

Kathmandu: Dabei beim Start eines grossen Abenteuers

Anfang April flog ich nach Kathmandu um zwei alte Freunde aus Graz zu treffen, die sich – unglaublich wie es klingt – aufmachten den hoechsten Berg der Welt zu besteigen. Josef Uitz (Pep) und Clemens Strauss (aka „Kurt Dattinger“, der hier im Blog schon einige grosszuegige Kommentare schrieb) koennten schon diese Woche den Gipfel erreichen.

Ich mit Clemens und Pep beim Wirtn in Kathmandu

Ich mit Clemens und Pep beim Wirt'n in Kathmandu

Kathmandu ist nur 2 Flugstunden von Mumbai entfernt und Anfang April finden sich dort so gut wie alle Himalaya Gipfelaspiranten ein, da es die beste Zeit  ist – noch vor dem Monsun –  einen 8000er zu bezwingen. Ich selbst war 4 volle Tage in Kathmandu, habe die Beiden jedoch nur fuer einen Tag gesehen bevor sie sich zum Trekking in Richtung Langtang aufmachten, um sich an die Hoehe zu gewoehnen. Der Schluessel zum Erfolg fuer Extrembergsteiger ist es, den Koerper an die duenne Luft zu gewoehnen bevor man die eisigen Hoehen in Angriff nimmt.

Pep und Clemens sind keine naiven Moechtegern-Gipfelstuermer. Sie starteten ihr Seven Summits Projekt vor einigen Jahren und haben mit dem Mt. Blanc (4810 m), dem Kilimantscharo (5895 m), Mt. Kinley (6195 m), Elbrus (5642 m), der Carstensz Pyramide  (4884 m) und Acongagua (6962 m) – ihrem bisher hoechsten Berg – die hoechsten Berge Europas, Nord- und Suedamerikas, Afrikas und Indonesien unter der Haube. Der Everest jedoch ist eine andere Kategorie, wenn auch bei weitem nicht der technisch anspruchvollste Berg.

Wenn ich mich recht erinnere, begann das alles mit einem Buch, dass ich vor mehr als 15 Jahren Pep empfohl.  „In Eisigen Hoehen“ von Jon Krakauer hatte bei mir offensichtlich genau den gegenteiligen Effekt als bei ihm. Ich war damals – mit meinem Freund Gerald0 – ein aktiver Sportkletterer, und bin gerade von seiner ersten Alpintour im Dachstein Gebiet zurueckgekehrt. Ich konnte dieser Kletterart absolut nichts abgewinnen. Um ehrlich zu sein: Ich habe seit damals Angst vor alpinen Klettertouren, vor allem wegen einem Erlebnis bei dem ich mich mit beiden Armen einen broeckligen Kamin hochzog und dabei einen kopf-grossen Stein losbrach, der dann direkt unter mir das Seil durchschlug und meinen Kletter-Partner um Haaresbreite verfehlte. Das war ca 500 m ueber dem Boden.  Mein Partner musste – mit zittrigen Knien – die letzten 15 m ohne Sicherung zum naechsten Standplatz nach oben klettern. Zu knapp, zu toedlich, zu zufaellig!Und dann war da noch die Geschichte, als ich noch keine 19 Jahre alt war und gerade maturiert hatte: Garagenfeste, Grillfeten und Parties am laufenden Band, eines davon in der Obersteiermark bei Mautern bei meinem Freund Gerhard. Sein Bruder, gerade 16 Jahre alt war auch dabei. Drei Wochen spaeter waren wir alle wieder in Mautern. Diesmal bei seinem Begraebnis. Er und ein Freund bestiegen eine hohe Wand mit mehreren Seillaengen, ganz in der Naehe seines Elternhauses. Der Freund fiel ins Seil … alte Haken, die nicht hielten … Gerhards Bruder wurde mitgerissen. Doppelbegraebnis! Soetwas praegt und deshalb lies ich das Alpinklettern bleiben. Freund Geraldo brachte es damals auf den Punkt: „Wenn ich beim Sportklettern schwarze Wolken sehe, seil ich mich ab und 30 Minuten spaeter bin ich zuhause bevor mich der Regen erwischt, im Gegensatz zum alpinen Klettern.“ Ganz meine eine Rede! Krakauers faszinierende Schilderung des Dramas am Mount Everest bestaetigte meine damals neu gefasste Meinung… Dieses Buch machte mich und meine Freunde auch zum ersten Mal mit der Idee der „Seven Summits“ bekannt: Besteige die hoechsten Punkte auf allen 7 Erdteilen.

Genug der morbiden Geschichten. Ich nehme an, dass Pep und Clemens beide genuegend Warnungen und gute Ratschlaege mit auf den Weg nahmen. Und ich bin mir sicher, dass die beiden kein unnoetiges Risiko eingehen werden. Beide stehen mitten im Leben, sind erfolgreich an mehr als einer Front und haben sich nichts zu beweisen. Pep, der vor vielen Jahren Kettenraucher war und bei einer Koerpergroesse von 186cm ueber 100 kg wog, lief vor 3 Jahren einen Marathon in 2:53 Stunden. Clemens, ein wortgewaltiger Anwalt mit glasklarem Verstand, ist ebenfalls ein mehrfacher Marathon-Mann und Triathlet (volle Distanz). Als Partner einer renommierten Kanzlei, Gruender von Dattisports und  Veranstalter des beruehmte Rennen vom Hilmteich auf den Schoeckel („Schoeckl-Classic“ – ein Event der auch dieses Jahr wieder stattfindet) hat er nebenbei noch Zeit fuer seine eigene Band (The Lawyers), wechselnde Freundinnen und (Surprise! Surprise!) klassische Literatur und Poesie. (Das Gedicht, das er am Gipfel des Everests vortragen moechte, stand zum Zeitpunkt meiner Abreise noch nicht fest).

Meine Freunde sind also keine Chorknaben die den Film Cliffhanger mit Silvester Stallone einmal zu oft gesehen haben und naiv an diese Sache herangehen. Der Aufwand fuer diese Everest-Expedition ist mit 10 Wochen Urlaub und ca. 12000 EUR an Unkosten betraechtlich, jedoch nur deshalb noch in diesem Rahmen weil die Beiden den Everest von der – weniger oft begangenen – tibetanischen Seite versuchen wollen (wo die Permits nicht so teuer sind) und es ohne die Hilfe von Sherpas und mit jeweils nur zwei Flaschen Sauerstoff schaffen wollen.

Das mit dem Sauerstoff ist so eine Sache: In solchen Hoehen ist nur noch wenig davon in der Atmosphaere (ca. 30% verglichen zum Meeresspiegel) und das kann zu ernsthaften Erkrankungen fuehren. Fuer lange Zeit ging die Medizin davon aus, niemand koenne in Hoehen ueber 8000 m ohne extra Sauerstoff gueberleben. Reinhold Messner hat vor ca. 30 Jahren das Gegenteil bewiesen. Mit quasi unlimitierten Sauerstoffvorraeten waere – lt. Clemens – eine Everestbesteigung keine Kunst. Das ganze bekaeme nur eine Frage des Geldes. „Leiste Dir zig Sauerstoffflaschen und bezahl die Sherpas die Dir das Zeug nachschleppen (eine Flasche wiegt ca. 3 kg) , dann waere Dir der Gipfelsieg – normales Wetter und eine solide Grundkondition vorausgesetzt – so gut wie sicher. Das halte ich fuer unsportlich.“  meinte Clemens sinngemaess wenn ich ihn richtig verstanden habe. Deshalb haben Pep und Clemens entschieden, nur 2 Flaschen mitzunehmen, die sie jedoch idealerweise ueberhaupt nicht verwenden.

In Kathmandu hatte ich dann die Gelegenheit beim Vortrag von Ted Atkins dabeizusein, als er seine Erfindung – ein neuartiges Sauerstoffsystem speziell fuer den Everest entwickelt – demonstrierte. Ted ist so ein Typ wie man ihn sonst nur via Discovery-Channel oder Universum „kennenlernt“. Pep und Clemens hatten einen Termin mit ihm und haben mich dazu mitgenommen. Teds Ausfuehrungen waren wirklich sehr interessant. Dabei traf ich noch ca. 15-20 andere Everest Aspiranten. Hier ein Foto von der Veranstaltung:

Ted Atkins erklaert das Sauerstoffsystem

Ted Atkins erklaert das Sauerstoffsystem

Ted – ein Kampfpilot der britischen Luftwaffe, 2-facher Everest Bezwinger(einmal im Alleingang) und Antarktis Forscher – erklaerte wie man seine Erfindung verwendet. Interessant waren auch seine generellen Ausfuehrungen ueber die Benutzung von Sauerstoffflaschen: 6-8 Stunden kann man diese verwenden wenn man in Bewegung ist (2 l pro Minute) und die Flasche haelt ca. 24 Stunden wenn man schlaeft (0.5 l pro Minute). Meine Freunde tragen also maximal Sauerstoff fuer die letzten 16 Stunden vor dem Gipfel (der bei 8848 m liegt) bei sich, was bedeutet, dass sie auch im besten Fall bis auf eine hoehe von ca. 8000 m ohne Flasche auskommen muessen (ausser sie kaufen zusaetzliche Flaschen von etwaigen Abbrechern oder rueckkehrenden Gipfelstuermern).

Wenn alles gut geht, stehen Pep und Clemens diese oder naechste Woche am Gipfel des hoechsten Berges der Welt! Wer kann das schon von sich behaupten? Clemens hat ein Satelliten-Telefon dabei mit dem er taeglich die Wetterzentrale in Innsbruck anruft um sich nach den hiesigen Bedingungen zu erkundigen. Ich nehme an wir werden schon bald ein Update bekommen, das ich dann natuerlich hier reinstellen werde.

Und dann hatte ich noch die Ehre die Grande Dame des Himalayas – Frau Elisabeth Hawley – zu treffen. Diese 87 Jahre alte Frau ist eine Legende in Nepal und unter Bergsteigern auf der ganzen Welt. Sie ist Journalistin und Chronistin und neben ihrer eigenen Wiki-page wurden auch einige gute Reportagen ueber sie geschrieben (z.B: diesen BBC Artikel). Hier ist ein Foto, dass ich bei der Begegnung geschossen habe:

Pep und Clemens treffen Elizabeth Hawley

Pep und Clemens treffen Mrs. Elizabeth Hawley

Kathmandu und der Himalaya

Kathmandu muss die finsterste Stadt der Welt sein! 2001 lebten knapp 1 Million Leute in der Hauptstadt Nepals, mittlerweile sind es 5 Millionen. Strom gibt es nur 6 – 8 Stunden taeglich, die Bevoelkerung ist sehr freundlich jedoch – selbst im Vergleich mit Indien – arm. Kein Wunder, bei dieser Energieversorgung kann es keine nennenswerte Industrie geben. Die Strassen der Stadt sind nur teilweise asphaltiert, was zu einer fast unertraeglichen Staubbelastung fuehrt. Viele Touristen – und auch etliche Einwohner –  tragen deshalb Masken vor Mund und Nase.  Die engen Gassen und die hundertausende kleine Geschaefte schaffen eine faszinierende Atmosphaere, wie ich sie sonst noch nirgendwo erlebt habe. Preise fuer Kleidung (auch Bergausruestung) ist zum Teil unglaublich billig. Touristen werden auf offener Strasse oft angequatscht entweder weil sich jemand als Reisefuehrer anbietet oder Marihuana zum Kauf anbietet. Ein klares Nein wird jedoch bald akzeptiert.

Typischer Dialog auf der Strasse: „Tiger Balm?“ „No, thank you.“ … „Marihuana? Good quality!“ „What? No. I don’t smoke!“ … „Girls, Sir?“ …

Dunkelste Stadt der Welt
Dunkelste Stadt
Buntes Treiben
Buntes Treiben
Baudha Stupa
Baudha Stupa
Riesige Gebetsmuehle

Riesige Gebetsmuehle

Eingang zum Hotel Kanipur Temple House

Eingang zum Hotel Kanipur Temple House

Weiterlesen

8 Kommentare

Eingeordnet unter Everest Adventure, Rudi entdeckt Asien

Holi (schon wieder) und der Cricket Worldcup

Meine Zeit hier in Indien neigt sich dem Ende zu. Vor genau einem Jahr – kurz nachdem ich diesen Blog startete – hab ich einen Bericht ueber Holi – dem indischen Festival des Lichts gebloggt. Heute ist es wieder soweit. Unglaublich wie schnell die Zeit vergeht…

Bin den Farbbeutel-Attacken der herumstreunenden Buben und Maedchengruppen bisher entgangen. Nur einmal wurde es knapp, als eine kleine Gruppe von Buben hinter einem Zaun auf mich zeigten und kurz darauf  die Arme zum Wurf hoben. Ich haette mich nicht aufgeregt wenn sie mich erwischt haetten … Wer das nicht aushaelt darf seine Wohnung an Holi nicht verlassen. Und mal ehrlich, wer von uns haette als Kind nicht so einen Feiertag geliebt, in dem man ungestraft mit seinen Freunden durch die Gegend streift, und sich wahllos mit Fremden Wasser- und Farbschlachten liefern darf. Die Burschen hatten jedoch nicht mich im Visier sondern schossen knapp ueber meinen Kopf auf eine vorbeifahrende Auto-Rickshaw hinter mir.

Auch die streunenden Hunde wurden nicht verschont, wie dieses Bild eines bunten Hundes beweist, der erschoepft auf den Stufen meines Lieblings-Chinesen eingeschlief:

Bunter Hund in Powai, Mumbai

Bunter Hund in Powai, Mumbai

Die Parties sind noch ueberall im Gange, nur werden sie heute spaetestens um 14:30 Uhr zu Ende sein, wenn Indien in Chennai ihr letztes Gruppenspiel im Cricket WorldCup gegen das Team West-Indies bestreitet. Indien wird es so gut wie sicher ins Viertelfinale schaffen, was gut ist fuer die Nation die so hoffnungslos an einer Cricketmania Epidemie leidet, und das schon seit mitte Februar als die Weltmeisterschaft begann. Vielleicht waren die Strassen in Wien, Graz und Linz auch leer als Franz Klammer oder Hermann Maier zu Olypischem Gold griff, und vielleicht war es auch bei uns unmoeglich ein Taxi zu bekommen als Oesterreich in Argentinien Deutschland besiegte. Ich kann mich an all das nicht erinnern. Fest steht, dass in Mumbai das Leben stillsteht wenn das Nationalteam am Feld steht. Mumbai ist eine Stadt wo sich immer hunderttausende Leute auf der Stasse tummeln, immer ausser wenn das Nationalteam Cricket spielt. Heute nachmittag sind alle die einen Fernseher besitzen zuhause und schauen sich ein Match an, das im Durchschnitt 6 – 8 Stunden dauert. Leute die keinen Fernseher besitzen gruppieren sich vor den Fenstern der Geschaefte und Cafes in denen das Match uebertragen wird und das Verkaufspersonal in Einkaufszentren findet man ebenso auffaellig haeufig in der Naehe von Flachbildschirmen. Pizza-Hut, Subways, Papa Jones und Domino’s Pizza stellen ihr Heimlieferservice im Laufe des Nachmittags ein, weil sie hoffnungslos ueberbucht sind und die Strassen von Mumbai werden angenehm leer und ruhig sein. Wer schnell durch diese Stadt will sollte sich nach dem Turnierplan richten.

Wie gesagt, dies sind meine letzten Wochen in Mumbai: In ca. einem Monat kommt Birgit und Anna zusammen mit einer befreundeten Familie (2 Kinder) nach Indien und wir werden nocheinmal einen 2 woechigen Urlaub in diesem wunderschoenen Land verbringen. Dazu mehr in einem anderen Posting. Nach diesem Osterurlaub bin ich noch ein paar Tage in Mumbai im Buero und dann gehts zurueck nach Oesterreich. Ich freu mich schon!

Ein Kommentar

Eingeordnet unter Rudi in Mumbai

Hochzeiten

Waehrend der letzten zwei Wochen war ich auf zwei indischen Hochzeiten. Sohel – ein relativ neuer Mitarbeiter im Tech-Support Team – heiratet seine Shama waehrend einer moslemisch orthodoxen Hochzeitszeremonie, und gestern war es dann fuer Nyal (B&P Team) soweit. Er und seine Walesa gaben sich bei einer roemisch-katholischen Hochzeit das Ja-Wort.

Vor ein paar Jahren war ich auch schon bei einer Hindu-Hochzeit dabei. Die Art und Weise wie man diese Feste feiert ist sehr unterschiedlich. 3 Hochzeiten gemaess drei unterschiedlichen Religionen: das ist kein Zufall, denn Indien im allgemeinen und Mumbai speziell ist sehr multikulturell was Religionen betrifft. Ich war jedoch der einzige Nicht-Inder bei all diesen Festen. (Leute im Westen definieren „multikulturell“ meistens anhand von Hautfarbe und nationaler Abstammung. Dieser Definition nach waree Indien nicht sehr multikulturell. Was jedoch „Kultur“ im weiteren Sinne des Wortes betrifft, ist Mumbai der multikulturellste Ort den ich jemals gesehen habe, und stellt sogar New York oder London weit in den Schatten.)

Die Hochzeit von Sohel war voller Ueberraschungen. Ich kam 45 Minuten zu spaet, und 20 Minuten von dieser Verspaetung geht auf die Kappe meines Fahrers, der sich nicht vorstellen konnte, dass ein Auslaender wie ich den Weg genau wusste, und meine Instruktionen links oder rechts abzubiegen beharrlich ignorierte. Die Fahrer hier haben von GPS noch nie etwas gehoert. Wenn ich z.B. eine Rikscha irgendwohin nehme, dann benutze ich Google und GPS um mich zu orientieren. Das funktioniert sehr gut, jedoch sind die ortsansaessigen Fahrer immer sehr skeptisch wenn ich versuche sie auf Nebenstrassen auf dem kuerzesten Weg zum Zielort zu lotsen. Die trauen meinen Anweisungen so gut wie nie und fragen lieber Fremde auf der Strasse nach der Richtung anstatt auf mich zu hoeren. Frustrierend! So auch diesmal auf dem Weg zu Sohels Hochzeit, die in einem der feinsten Vierteln von Bombay City, der Altstadt – nur wenige Meter vom St. Xaver College entfernt, wo Barak Obama eine Woche vorher eine vielbeachtete Rede vor indischen Studenten hielt.

Ich kam also 45 Minuten zu spaet. Als ich den hell erleuchteten und festlich dekorierten Festplatz betrat, war ich sehr verbluefft. Hier ist warum:

   

Ich war entweder der erste Gast, oder ich hatte die Feier versaeumt. In der Einladung – die sich sorgsam ausgedruckt in meiner Brusttasche befand, und die ich zur Sicherheit noch einmal durchlas – stand „Reception and Dinner between 6:30 to 9:30 PM“. Nun war es 7:15 PM und kein Mensch – ausser dem Personal – war anwesend.

Es stellte sich heraus, dass alle anderen noch viel spaeter dran waren als ich. „Indian Standard Time“ heisst vor allem bei privaten Terminen oft: wenn Du wo eingeladen bist, komme am Besten 1 Stunde zu spaet. Ich war also 15 Minuten zu frueh dran.

Die zweite Ueberraschung war dann, dass ich die Braut an diesem Tag nie zu Gesicht bekam. Sohels Vater ist ein moslemischer Priester in down-town Mumbai und deshalb folgte die Hochzeit einem streng moslemischen Zerimoniell, bei dem es nicht vorgesehen ist, dass die Braut und der Braeutigam sich waehrend der Hochzeit sehen. Es finden praktisch zwei verschiedene Feiern an zwei unterschiedlichen – wenn auch meist nahen – Orten statt.  Der Priester ist der Einzige der bei beiden Feiern beteiligt ist. Er fragt zuerst  den Braeutigam ob er die Braut heiraten will und geht dann zum Fest der Braut und fragt nach ihrer Einwilligung. Fazit: ich habe Sohel’s Braut nie gesehen. Enttaeuschend!

Die dritte Ueberraschung an diesem Tag war das Publikum bei Sohel’s Feier. Da der Vater ein bekannter Imam ist, gab es einiges an Prominenz. Zumindest ein Parlamentsabgeordneter, der Konsul samt Abordnung vom iranischen Konsulat und der Chairman des Roten Halbmonds gaben sich die Ehre. (Faupax am Rande: Als Sohels Vater mich dem „chairman of the red red crescent“ vorstellte habe ich das letzte Wort nicht ganz verstanden und antwortete um sicher zu gehen: „Nice to meet you! So you are the chairman of the red cross in India?“. Ha! Wie konnte ich vergessen, dass ich mich auf einer MOSLEMISCHEN Hochzeit befand. Ich wurde natuerlich prompt korrigiert.)

Sohels Vater bestand darauf, dass ich mich zu den Iranern setzte – auf dem Prominententisch – was ich auch tat, obwohl ich lieber mit meinen Arbeitskollegen und deren Familien geredet haette. Die Iraner – ausschliesslich Maenner – waren alle in schwarze Anzuege gekleidet und hatten – ohne Ausnahme – einen getrimmten Bart, der mich stark an Mahmud Ahmadinedschad erinnerte. Diese Leute waren sehr hoeflich und offensichtlich hoch gebildet. Sie schwaermten von Wien und wussten einiges ueber Oesterreich und Europa.

Richtig nett wurde es, als ich mich mit den Familien von Irshad, Deepak und Vinad unterhielt. Hier ein paar Fotos von diesem Fest. (Sohel ist der festlich gekleidete Bursch mit dem Blumenstrauss in der Hand).

   

Auf dem Heimweg hatte ich dann eine unerwartete Diskussion mit Irshad. Dieser erklaerte mir, dass Imams sehr einflussreiche Leute sind, weshalb auch der iranische Konsul und sogar Parlamentsabgeordnete zu dieser Hochzeit kamen. „Dies ist der Unterschied zum Westen…“ meinte Irshad, „bei Euch gibt es eine strenge Unterscheidung zwischen Politik und Religion.“ Ich stimmte ihm zu, erzaehlte ihm aber, dass im Dorf meines Grossvaters – als dieser ein Schulbub war – der Pfarrer die einflussreichste Person war, viel maechtiger als der Buergermeister. Und dann erzaehlte ich ihm wie z.B. in den USA eine Behoerde wie das „Texas Board of Education“ seit vielen Jahren die Schulbuecher zensiert, mit dem Ziel die Evolutionstheorie auf die gleiche Stufe mit der kreatonistischen „Gott hat die Welt in 7 Tage geschaffen“ Geschichte aus der Bibel zu stellen. Irshad war erstaunt und antwortete: „This is wrong!“ Wieder stimmte ich ihm zu, es ist nicht nur falsch sondern ausgesprochen dumm eine rein wissenschaftliche Theorie im Biologieunterricht auf die gleiche Stufe zu stellen wie die biblische Parabel von Adam und Eva. Doch hier habe ich Irshad missverstanden. Er meinte, die Evolutionstheorie waere falsch. Jeder wisse, dass Adam der erste Mensch gewesen sei, auch Moselms lernen das in der Schule. Und das war die letzte Ueberraschung dieses Tages: Ein hoch gebildeter Mann und talentierter UNIX-Administrator, ein Akademiker, der jahrlang im Ausland gearbeitet hat, glaubt an die woertliche Auslegung der Schoepfungsgeschichte. Faszinierend!

Nun aber zu Nyals Hochzeit:

 

    

 Auch dieses Fest fand in einer sehr teuren Gegend in Mumbai statt. Bandra – der Ort wo die Bollywood Groessen ihre Haeuser haben und ihre Kinder zur Schule schicken. Nyals Hochzeit fand am Grund einer dieser renommierten High-Schools statt. Ich schaetze es waren ca. 500 Gaeste anwesend. Die meisten Hochzeiten in Indien sind „arrangiert“ also entspringen keiner jahrelangen romatischen vorehelichen Beziehung. Nyal und Walesa sind jedoch die Ausnahme. Ihre Ehe ist, was Inder eine „love marriage“ nennen.

Das Fest war pompoes, das Essen war gut, und es kamen doch einige Leute aus dem Buero. Die Musik jedoch war nicht ganz nach meinem Geschmack. Schmalzige amerikanische Liebeslieder aus den 50er und 60er Jahren passen meiner Meinung nicht perfekt zu eine indischen Hochzeit, und manche der Songs – wie z.B. der Tennesee Waltz – passten vom Text her ueberhaupt nicht zu einer Hochzeitsfeier. Genug der Kritik.  Das Fest war sehr schoen! Nur als sie dann den Vogerltanz spielten (der hier – kein Scherz – „Bird dance“ genannte wird) – gefolgt von einer Schlangen-Polonaise- und alle aufforderten mitzutanzen, da wusste ich es wird Zeit nach Hause zu fahren. 😉

4 Kommentare

Eingeordnet unter Rudi in Mumbai

Am letzten Druecker

„Am 32. Dezember ist es zu spaet!“ Kann sich ausser mir noch jemand an die Werbung der Bausparkassen mit Joschi Kirschner erinnern? Ich habe diesen Blog so straeflich vernachlaessigt, dass ich nun – in den verbleiben Wochen des Jahres – ganz schoen viel aufholen muss. Typisch Rudi!

Ich fang mal an mit einem Update in eigener Sache: Mir geht es gut, danke der Nachfrage, und habe meinen Aufenthalt in Indien bis Ende April 2011 verlaengert. Das hat zwei verschiedene Gruende: Erstens braucht man mich hier noch weil es bisher noch keinen Nachfolger fuer mich gibt. 3 verschiedene „retained recruiters“ suchen z.Z. angestrengt nach Kandidaten mit dem Potential mich zu ersetzen. Dass das nicht leicht ist, liegt auf der Hand. 🙂 (In Wahrheit liegt die Verantwortung fuer das Projekt „Rudi replacement“ bei meinem Chef, und der ist nicht gerade dafuer bekannt, Dinge schnell zu erledigen.)  Zweitens weiss ich noch gar nicht was ich nach meinem Indien-Engagement beruflich tun werde, weshalb mir die Verlaengerung nicht ungelegen kommt. Ich weiss nicht einmal, ob ich bei GoldenSource bleiben werde. Ohne Birgit und Anna ziehe ich weder nach London noch nach New York. Mal schaun …

Apropos GoldenSource: Die ersten 3 Quartale dieses Jahres wurden allesamt mit schwarzen Zahlen abgeschlossen. Dass dies moeglich waere, haben die meisten Angestellte vor einem Jahr bezweifelt. Ich uebrigens nicht. Wir haben letztes Jahr die Kosten so dramatisch reduziert (sprich „Linz zugesperrt und in London und New York kraeftig geschnitten“), dass wir praktisch vom Services-Geschaeft und vom Support alleine leben konnten. Naechstes Jahr wird das nicht mehr so einfach, da sich inzwischen die Fixkosten wieder drastisch erhoeht haben. Wir haben dieses Jahr mehr als 60 neue Leute in Indien aufgenommen und die Lohnkosten steigen hier jaehrlich um ca 15%. Ausserdem werden wir fuer naechstes Jahr neue Bueroflaechen dazumieten, und diese sind in Mumbai sehr sehr teuer. Meine Prognose: 2011 wird um einiges schwieriger als 2010 fuer diese Firma.

Zum Abschluss noch ein aktuelles Foto aus unserem Buero. Noch sind die Spuren nicht alle verwischt.

Noch schlaegt sie noch die LINZ Uhr in Mumbai

Noch schlaegt sie noch die LINZ Uhr in Mumbai

5 Kommentare

Eingeordnet unter GoldenSource, Rudi in Mumbai

Jetzt wird wieder weiter gebloggt!

Weiter gehts …

In den letzten Monaten war mir nicht sehr nach bloggen, denn entweder ging es mir beschissen oder ich steckte bis ueber die Ohren in Arbeit. Die ganze Monsunzeit ueber war ich irgendwo zwischen kraenklich und richtig krank. Der Monsun hier in Indien war heftig, auch fuer die Inder selbst.

Monsun in Mumbai bedeutet wochenlang keine Sonne sehen, viel Regen, hohe Luftfeuchtigkeit und Temperaturen zwischen 26 und 31 Grad. Etwas deprimierend fuer ein sonniges Gemuet wie mich. Der Tiefpunkt kam, als ich eines Tages vom Einkaufen heimkam, ins Bett fiel und mit hohem Fieber 16 Stunden lang durchschlief. Ueber die Traeume die ich damals hatte, koennte ein Psychologiestudent eine Diplomarbeit schreiben… 🙂

War echt froh, vor 4 Wochen wieder nach Oesterreich geflogen zu sein.  Birgit, Anna und ich waren dann 2 Wochen in Kroatien, und Hannah –  Anna’s Freundin und unsere Gasttochter – war auch dabei (zum 4. Mal schon ueber den Sommer). Seit Montag bin ich wieder zurueck in Mumbai, wo – entgegen meine Erwartungen – die Monsunzeit noch NICHT vorbei ist. Lange aber kann es nicht mehr dauern. Laut Zeitungsberichten sind alle sechs Seen, die der Stadt als Wasserreservoir dienen, uebervoll. Soetwas gabs schon lange nicht mehr.

Als ich eines Tages, zu Beginn der Monsunzeit, in das Lebensmittelgeschaeft unweit meiner Wohnung ging, war die Welt noch trocken. Als ich rauskam, sah es aus als muesste ich heimschwimmen. Hier ein paar Fotos von meiner Handykamera:

In den naechsten Tagen will ich von einem Diebstahl und einem gigantischen Milch-Scam berichten. Dann war ich (lang ist’s her) mit Dinoj in Thailand fuer ein paar Tage. Auch dazu ein Bericht. Ein Update wie es um GoldenSource steht ist ueberfaellig, fuer die lieben Exkollegen die hier noch mitlesen. Und dann noch etwas ueber den Osho-Ashram, das Leben in Mumbai ganz allgemein, zwei Buchrezensionen mit starkem Mumbaibezug und der Kroatienurlaub.

Das alles will ich in den naechsten 2-3 Wochen schaffen. Schau ma mal!

13 Kommentare

Eingeordnet unter Rudi in Mumbai