Habe soeben die Nachricht von Doris erhalten, dass Pep und Clemens nach drei stuermischen Naechten auf 7.700 m und dem Ueberschreiten der 8000 m Marke ihren Versuch den Mt. Everest zu besteigen abgebrochen haben, und sich auf dem Weg ins Base Camp befinden. Zur Zeit sind sie noch im Advanced Base-Camp (ABC) auf 6,400 m, werden jedoch schon bald weiter absteigen und dann vom BC zurueck nach Kathmandu fahren. Doris weiss nicht genau, wann die beiden wieder zurueck in Graz sind, ich schaetze dass die Reise zurueck – ueber die Grenze nach Nepal und von Kathmandu dann ueber Wien nach Graz – gut einer Woche dauern wird.
Von Doris‘ Schilderungen weiss ich, dass ihre Sherpas zwar die Sauerstoffflaschen auf eine Hoehe von 8.300 m getragen und dort – noch vor dem 2nd Step (der Schluesselstelle) – deponiert haben, sich jedoch weigerten mit auf den Gipfel zu gehen. Weitere Details habe ich nicht, ausser dass die letzten Tage sehr stuermisch und kalt waren, der Innsbrucker Meteorologe trotzdem Gruenes Licht fuer einen weiteren Aufstieg gab, Clemens und Pep sehr erschoepft und abgemagert sind und vom Mt. Everest erstmal die Nase voll haben.
Ich bin froh die beiden richtig eingeschaetzt zu haben: Anstatt auf ihr Glueck zu vertrauen haben sie die vernuenftige und verantwortungsvolle Entscheidung gefaellt, die ihnen nicht leicht gefallen sein kann. Doris – die uebrigens gestern Abend bei uns zu Besuch war (zusammen mit Peps Sohn Robert) – fiel ein zentnerschwerer Stein vom Herzen. Ich bin mir sicher, dass es vielen Freunden und Verwandten der beiden ebenso geht.
Ob das das Ende vom Peps und Clemens Seven-Summits Traeumen ist, muessen sie uns selbst erzaehlen wenn sie wieder zurueck sind.
Ich habe waehrend der letzten Wochen fast taeglich mehrere Blogs von den verschiedensten Everest-Expeditionen gelesen. Das macht mich nicht zum Experten, trotzdem traue ich mich festzustellen, dass das Everest Erlebnis von Clemens und Pep sehr unterschiedlich – und sehr viel haerter war, als jenes der meisten anderen Teams. Nicht viele Leute wagen den Everest ohne Sherpas. Alle Expeditionen von denen ich weiss, lassen sich das Material/Zelte zumindest bis auf eine Hoehe von 7.600 m „liefern“ und die Sauerstoffflaschen bis knapp unter den Gipfel. So gut wie alle Expeditionen haben Sherpa-Begleitung bis ganz hinauf. Als Clemens und Pep schlussendlich beschlossen doch Sherpas anzuheuern, haben sie schon sehr viel Kraft in grosser Hoehe gelassen. Und niemand anders verbrachte drei volle Naechte auf 7.700 m ohne Sauerstoff. Die Expeditionen die ich verfolgte, gingen ein paar mal vom relativ gut ausgestatteten ABC auf diese Hoehe um sich an die extrem duenne Luft (30% des O2 Gehalts auf Meeresspiegel) zu gewoehnen. Dazwischen stieg man oft ins BC ab, wo es eine relativ gute Infrastruktur zu geben scheint, feierte Partys mit anderen Expeditionen und verbrachte seine Zeit mit „Movie Nights“ und UNO-Turnieren. Erst ganz zum Schluss stiegen die anderen Expeditionen vom Camp-2 rauf auf ca 8.000 m (C-3), um in der folgenden Nacht den Gipfel zu versuchen. Ein weiterer – und wahrscheinlich entscheidender – Unterschied sind die finanziellen Aufwendungen. Waehrend Pep und Clemens mit $ 18.000 pro Mann und Nase durchkommen wollten, haben so gut wie alle anderen Expeditionen das Dreifache pro Kopf ausgegeben. Money matters – auch am Everest! Fuer Pep und Clemens waren Akklimatisierungsaufstiege ohne schwerem Gepaeck und Movie-Nights keine Option, oder anders ausgedrueckt: Clemens und Pep haben es sich bei Gott nicht leicht gemacht. Dass sie trotzdem so weit gekommen sind, solange durchhielten – und vor allem dass sie am Ende die richtige Entscheidung trafen – beweist alles, was ich im ersten Eintrag zu diesem Thema ueber meine Freunde geschrieben habe.
Einen Einblick wie schwer die Besteigung des Everests von der Nordseite fuer die anderen – gut ausgestatteten – Expeditionen war, gibt Arnold Costners Blog-Eintrag von vorgestern: http://www.arnoldcoster.com/blog/everest-tibet-25-5-2011/ in dem sich das einzige deutsche Mitglied (Frank Irnich) zu Wort meldete:
hier spricht der einzige Teilnehmer aus Deutschland in der Summitclimb Gruppe. Nachdem ich mit Sherpa Gelge und Marc erst gegen 11p.m. von Camp III aufgebrochen bin, fiel meine Stirnlampe eine 3/4Std spaeter total aus und ich konnte nur teilweise durch den Mondschein oder durch Gelge’s kurzen LIchtschein seiner Stirnlampe {durch Kopfdrehung} den Weg Richtung Nordostgrad erkennen.
Den First, Second and Third Step musste ich zwischen 1:30 a.m. und 5:30 a.m. fast blind erklettern, da der Mondschein auf der anderen Seite des Nordostgrads scheinte. Auch die einfach erscheinenden
Traversen auf dem Nordostgrad mit einer Trittbreite von ca 10 – 30cm bieten soviel Gefahren in der Nacht, da man trotz Fixseile 1000m -2000m zur einen oder anderen Seite abstuerzen kann. Die Fixeile haben teilweise ueberhaupt keine Spannung / Fuehrung und sind so schlecht verankert, das ein Sturz einer Person mit Gepaeck von ca 80 kg keinen Schutz bietet!!
Es war eine sehr klare, relative leichtwindige Nacht , die jedoch Temperaturen bis – 40 grad C mit sich brachte, da der Wind in den Morgenstunden zusaetzlich auffrischte. Nachdem ich gegen 4.a..m eine neue O2 Flasche oberhalb des Second Step bekommen habe, ging es mit neuem Mut richtung Gipfel. […]
Bergheil aus Germany……Frank Irnich
(gesamtes Post, wo von gestohlenen Steigeisen auf 8.300 m die Rede ist → siehe link oben)
Zum Abschluss noch das letzte Foto von Clemens und Pep, das ich vor 8 Wochen in Kathmandu geschossen habe (… bevor sie zwecks Gewichtsabnahme in die Berge fuhren). Werde demnaechst den Vorher/Nachher Vergleich posten, damit wir uns selbst ueberzeugen koennen, ob es sich ausgezahlt hat! 😉